Gewaltprävention, Soziale Kompetenzen, Identitätsbildung, Integrationsförderung (Geschlechtergerechtigkeit und demokratische Werte)
Männliche (geflüchtete/ (post)migrantische) Jugendliche im Alter von ca. 14 - 18 Jahren
Im Zentrum dieses Programms steht die Ausbildung von männlichen (geflüchteten/ migrantischen/ postmigrantischen) Jugendlichen zu sogenannten BROTHERS. Kennzeichnend für die BROTHERS ist, dass diese als Peer-Educator die Rolle männlicher Vorbilder einnehmen. Angeleitet werden die BROTHERS durch die sogenannten Teamer, die mit einem ähnlichen biografischen
Hintergrund, einem erfolgreichen Bildungsweg und einer professionellen z.B. sozialpädagogischen
Ausbildung ebenfalls eine Vorbildfunktion erfüllen. In Gruppentreffen (1-2 Treffen pro Woche, 2-3 Std., über ca. 1 Jahr) werden folgende Inhalte thematisiert, diskutiert und z.B. in Rollenspielen erprobt:
Theoretische Basis des Programms sind das Lernen am Modell (nach Bandura) und der sokratische Dialog („Fragen statt Antworten“).
Nach ca. einem Jahr können die BROTHERS ein Zertifikat erwerben, das sie zur Durchführung von Schulworkshops zu den Themen Geschlechterbewusstsein und Ehrbegriff berechtigt. Ein Schulworkshop (3 Std., in 6.- 9. Klassen) wird jeweils von einem zertifizierten BROTHER und einem Teamer gemeinsam durchgeführt. Ziel ist hierbei v.a. die Wissensvermittlung und die Anregung zur Reflexion. Dabei werden v.a. Rollenspiele eingesetzt.
Darüber hinaus werden von den Teamern Fachkräfteschulungen (2 - 8 Std.) zur Empathieförderung bzgl. Fluchterfahrungen und Migrationshintergrund sowie zur Wissenserweiterung bzgl. des Ehrbegriffs angeboten.
Das Programm baut auf den Erfahrungen des Peer-Education-Programms HEROES auf, richtet sich jedoch an eine jüngere Zielgruppe und einen eher ländlichen Umsetzungskontext. Die Projektleitung wird von einer weiblichen Person durchgeführt.
Das gesamte Trainingskonzept ist in Form eines umfassenden Praxisleitfadens verfügbar unter: https://www.kriminalpraevention.de/arbeitsmaterialien.html und unter https://bonveno-goettingen.de/projekte-2/brothers/
Teilnahme für die Jugendlichen ist kostenlos. Die zertifizierten BROTHERS erhalten eine Aufwandsentschädigung pro Schulworkshop (70€).
Die Initiierung des gesamten Projektes erfordert eine Projektleitung (weibl.), zwei Teamer-Stellen (männl.) und Sachkosten (insgesamt: 107.625€). Eine Kostenaufstellung ist im Trainingskonzept/Praxisleitfaden enthalten. (Stand: 2023)
Bonveno Göttingen gGmbH
Jutta-Limbach-Straße 3, 37073 Göttingen
Tel: 0551/50091-0
E-Mail: info@bonveno-goettingen.de
Behn, S., Fedkenheuer, M., Greif, P., Vollmer, S. (2023) Evaluation des Projekts „Brothers- Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen“- Langfassung. Verfügbar unter: https://www.kriminalpraevention.de/arbeitsmaterialien.html
Stiftung Deutsches Forum Kriminalprävention (o.J.) Evaluation des Projekts „Brothers- Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen“- Kurzfassung. Verfügbar unter: https://www.kriminalpraevention.de/arbeitsmaterialien.html
Kriterien sind erfüllt.
Kriterien sind erfüllt.
Behn et al. (2023):
Diese Begleitevaluation zur Programmimplementierung an zwei Pilotstandorten (2020-2022) nutzte sowohl qualitative als auch quantitative Methoden. Befragt wurden BROTHERS, teilnehmende Schülerinnen und Schüler des Schulworkshops und Teilnehmende der Fachkräfteschulung.
Insgesamt wurden acht BROTHERS (vier (post)migrantische Jugendliche und vier geflüchtete Jugendliche/ junge Erwachsene) befragt, mit denen pro Woche ein Termin zu konzeptionellen Inhalten und ein zweiter Termin mit Freizeitaktivitäten und zu persönlichen Themen durchgeführt wurden. Zu zwei Zeitpunkten wurden in Gruppendiskussionen bzw. Leitfaden-Interviews Veränderungen auf Einstellungs- und Verhaltensebene erfragt; außerdem wurden schriftliche Fallbeurteilungen zu den BROTHERS (ausgefüllt von den Teamern) in die inhaltsanalytische Auswertung einbezogen. Als Ergebnisse wurden eine offenere, empathischere Grundhaltung und veränderte Einstellungen zu Homosexualität und zu den gleichen Rechten für Männer und Frauen deutlich. Außerdem zeigte sich ein veränderter Umgang mit Konflikten: weniger körperliche Gewalt (mehr Fürsorge statt Dominanz), mehr Diskussion und (Selbst)Reflexion (Artikulation von Problemen/ Vorbehalten/ Widerständen), mehr Impulskontrolle (weniger Reaktion auf Provokation). Nicht alle BROTHERS erreichten bis zum Ende des Projektzeitraums die Voraussetzungen zur Durchführung der Schulworkshops (Zertifizierung); vier der acht BROTHERS wurden teilzertifiziert. In der Evaluation wird auf pandemiebedingte Einschränkungen bei der Umsetzung verwiesen.
Außerdem wurden workshopteilnehmende Schülerinnen und Schüler mit einem schriftlichen Fragebogen zu drei Messzeitpunkten (vor, direkt nach und ein bis sechs Monate nach dem Workshop) zu ihren Einstellungsveränderungen befragt. Von 102 Schülerinnen und Schülern konnten Angaben zum dritten Messzeitpunkt einbezogen werden. Über die Zeit waren Veränderungen bzgl. Selbstreflexion (signifikanter Anstieg der Ablehnung von Gewalt zur Verteidigung der Ehre) und Kulturverständnis (signifikanter Rückgang von antisemitischen Überzeugungen) zu verzeichnen. Die Methodik wurde positiv bewertet: Bezüge zwischen den Rollenspielen und der Lebensrealität seien möglich. Anzumerken ist, dass die Nachbereitung des Workshops in den jeweiligen Schulen sehr unterschiedlich verlief.
Die Teilnehmenden von Fachkräfteschulungen wurden mit einer Online-Befragung zu Einstellungs- und Wissensaspekten befragt. Von 150 geschulten Fachkräften konnten die Angaben von 27 Personen einbezogen werden. Sie gaben an, dass das Programm zur Reflexion der Rolle anregte, eine Sensibilisierung für die Situation von Menschen mit Fluchterfahrungen bewirkte, das Wissen zu Gewaltverhalten und Ehrbegriff erweitert und neue Methoden erlernt wurden.
Die Einstufung in der Grünen Liste erfolgt auf Stufe 1, da alle drei Bestandteile der Evaluation keine Vergleichsgruppen (d.h. kein kontrolliertes Design) verwenden. Es handelt sich um eine Qualitätssicherungsstudie (Brothers-Befragung), eine Vorher-Nachher-Messung-ohne Kontrollgruppe (Befragung der Schülerinnen und Schüler) und eine Teilnehmer-Zufriedenheitsmessung (Fachkräfte-Befragung).
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